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Manifest der Arroganz

Sie sagen und wollen Frieden für die Ukraine – Alice Schwarzer, Sahra Wagenknecht und die durchaus vielfältige Gruppe der Mitunterzeichner ihres Friedensappells.

Aber sie können nicht Frieden, weil sie wenig wissen. Ton und Inhalt sind von einer kaum zu überbietenden Arroganz. Tenor: Wir wissen, wie es geht. Wer jedoch weiß, dass und wie oft sich nicht nur Wagenknecht und Schwarzer mit ihren diversen Prognosen auf unterschiedlichen Politikfeldern getäuscht haben, zweifelt mit gutem Recht an ihren Prognosen.

Selenskij ein Kriegstreiber?

"Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität", heißt es im Appell. Offensichtlich wissen Wagenknecht & Co. besser als die Ukrainer, was für diese gut ist. Was für eine Anmaßung. Als eigentlicher Kriegstreiber wird der ukrainische Präsident Selenskyj dargestellt. Das Opfer als Täter. Schöne Grüße von George Orwell aus seinem Buch 1984: "Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke. "Die "Solidarität" der Appellierenden mit der Ukraine bedeutet: kollektive Selbstaufgabe und Fremdbestimmung. Wer schwach ist, soll sich nicht wehren. "Survival of the fittest."

Kaffeesatzleserei und eine Sechs im Fach Geschichte: Die Ukraine "kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen". Aber Vietnam konnte 1954 Frankreich und 1975 die USA besiegen, die Afghanen 1989 die UdSSR und 2021 die USA & Partner, inklusive Deutschland.

Übertragen wir die "Friedenssicht" des Appells auf die Geschichte: Ihr zufolge wären die britischen und französischen Appeaser von München 1938 "Friedenshelden", weil sie Hitler das Sudetenland auf dem goldenen Tablett darboten. Churchill und General de Gaulle wären Schufte, weil sie sich Hitler nicht beugten. Wie "gut", dass sich die sechs Millionen ermordeten Juden nicht gegen ihr Abschlachten wehrten. Dass Israel mal reaktiv, mal präventiv um seine Existenz in Kriegen kämpfte und jetzt gegen die atomare Aufrüstung des Iran vorgeht, wäre, versteht sich, ein moralischer Skandal.

Leitartikel in der Jüdischen Allgemeinen vom 23. Februar 2023