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Eine Frage des menschlichen Anstands

Sich vom Antisemitismus zu distanzieren, ist ein Gebot der Menschlichkeit.

"Es ist eine Frage des elementaren menschlichen Anstands", sagte Michael Wolffsohn im Interview mit dem Portal Kurt.digital am 09. November 2018, dem 80. Jahrestag der so genannten Reichskristallnacht. "Das betrifft aber nicht nur die Distanzierung vom Antisemitismus, sondern von allen Vorurteilen. Deswegen muss man sich damit auseinandersetzen, wie man Vorurteile bekämpft."

Schuld sei immer individuell, betonte der Historiker. "Kollektivschuld ist faktisch unmöglich und moralisch verwerflich. Das gilt für Opfer genauso wie für Täter. Es gibt nur individuelle Opfer und individuelle Täter."

Aber jeder sei ein Teil eines staatlichen Ganzen: "Die Bundesrepublik Deutschland ist der Nachfolgestaat des Dritten Reichs." Jeder Staat stehe in einer Kette von Generationen. Das seien die Rahmenbedingungen eines Staates. Statt Schuld spreche er deswegen eher von einer Haftung, betonte der Publizist.

"Das bezieht sich nicht nur auf den Umgang mit Antisemitismus, sondern beispielsweise auch auf Reparationszahlungen gegenüber ehemaligen Kolonien. Jeder Staat steht in der Traditionslinie seiner Vorfahren. Das ist mit dem Erbvorgang vergleichbar – à la carte kann man nicht erben."

In der Nacht vom 09. auf den 10. November 1938 hatten die Nazis im gesamten Deutschen Reich Gewaltmaßnahmen gegen Juden organisiert und gelenkt. Die Pogrome markieren den Übergang von der Diskriminierung der deutschen Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung, die knapp drei Jahre später in den Holocaust mündete.

Zum Interview geht es hier